5 Fragen – 5 Antworten zu EUFORIA
„Antworten Sie bitte kurz!“
Dies löste einen sich immer verfeinernden Prozess über mehrere Tage hin aus, die Essenz über EUFORIA herauszufinden und mich mit wenigen Worten auf da Wesentliche zu beschränken.
Diese 5 Fragen bekam ich von Chris Ignatzi, Reporter des Saarländischen Rundfunks SR, für ein Interview als Vorankündigung unserer Konzerte mit EUFORIA im Saarland im Oktober 2024:
- Wie kamen Sie auf 400 Jahre alte, eher unbekannte Stücke?
- Erläutern Sie bitte kurz die große gesellschaftliche Bedeutung damals und was die Musik (heute wieder) aktuell macht.
- Weshalb ist das Programm vom Bandoneon umklammert?
- Wie passt Dowland in dieses Programm bzd. welcher Gedanke steckt dahinter?
- Welche Aufgabe hat der Pantomime JOMI?
Seit ich wusste, dass ich das Israelsbrünnlein aufführen möchte und dass es „anders“ sein sollte, denke ich darüber nach, was mich anders Musik Johann Hermann Scheins eigentlich so berührt, dass ich es relevant finde, sie aufzuführen.
Darum habe ich EUFORIA so gestaltet, wie es jetzt zu hören ist:
Jetzt, im Oktober 2024, gezwungen, mich kurz zu fassen, konnte ich endlich die Antwort formulieren, warum, wieso und wozu ich dieses Projekt so gestaltet habe, wie es jetzt als EUFORIA zu erleben ist. Was mich an diesen 400 Jahre alten Kompositionen fasziniert. Warum eigentlich ein Bandoneon dazu. Und wozu einen Pantomimen.
Um es hier mit wenigen Worten zu sagen (hier ist der link zum vollständigen Interview im SR):
Johann Hermann Scheins, der wohl berühmteste Thomaskantor vor J.S.Bach, hat in seinen genialen Madrigalen die tief spirituell-verwurzelte sakrale Tradition aufgenommen und zu ihr (auf Worte des Alten Testaments) die bildhaft-expressiv musikalischen Ausdrucksformen beigemischt, mit der Claudio Monteverdi die ganze damalige musikalische Welt in Begeisterung versetzte. Nur 13 Jahre nach dessen berühmter Marienvesper komponiert, nimmt die einmalige Verbindung von Spiritualität und Emotionalität die Hörenden des Israelsbrünneleins hinein in einen inneren Raum der tiefen Andacht, der Dankbarkeit und des Staunens.
Große Spiritualität, Menschenliebe und überbordender musikalischer Ausdruck
In den Madrigalen höre ich eine große Liebe zum Menschen – und ich erlebe dies auch im Spiel des Pantomimen JOMI. Seine stille Kunst ist etwas gänzlich Anderes verglichen mit der Pantomime, die wir (golden verkleidet und erstarrt zu einer Skulptur, die sich dann ganz überraschend bewegt) in unseren Fußgängerzonen treffen. JOMI sieht einen Menschen, seine Gefühle, seine Lebenswege, das glücklich Sein so wie das unglücklich Sein und lässt uns uns selbst erleben. Mit einem liebenden Blick.
Dies ist in EUFORIA das Bindeglied zwischen 1623 und 2024.
Verbinden von Altem mit Neuem
Musikalisch übernehmen wir das Element des Verbindens traditioneller Interpretation mit Vokalstimmen mit dem Integrieren moderner, überraschender Besetzung: So werden 2 Vokalstimmen hier übernommen durch Bandoneon und Viola da Gamba. Der Continuo-Part wird übernommen auch hier traditionell mit Chitarrone und Barockgitarre, unkonventionell mit E-Bass. Bandoneon und Gambe verschwimmen im Gesamtklang irritierend oft wie zu einer Stimme, nicht identifizierbar, welches Instrument gerade spielt. Das Bandoneon fügt den melancholischen Hauch des Tango argentino vom Ende des 19 Jh. hinzu. Die feine, edle Gambe den Ton der Gambenfamilie aus dem 16. Jh.
Über alle Fragen habe ich mit Chris Ignatzi gesprochen. Wenn Sie das ganze Interview ausführlich hören möchten (das dauert etwa 5 Minuten und ist sehr interessant geworden), dann folgen Sie hier diesem link:
Und so geht EUFORIA weiter:
Ich kann schon neugierig machen darauf, dass wir EUFORIA für Kommendes „Upgraden“ werden. Im Gespräch ist beispielsweise, dass wir drei SängerInnen lernen, das, was wir singen, gleichzeitig in Gebärdensprache zu zeichnen. Und auch musikalisch wollen wir unser Konzept noch einmal filtern und auf einen neuen Punkt bringen.
Damit bleiben wir unserer Frage treu, wie kann diese wunderbare Musik, die ein Höhepunkt des kirchenmusikalischen Schaffen im deutschsprachigen Raum bis heute ist, unseren Gästen nahe kommen